Unser Wallach ist auf keinen Fall ein Problempferd, aber in manchen eurer Beschreibungen erkenne ich ihn doch wieder. Mein größtes Problem mit ihm (hat auch die Reitbeteiligung): Wenn er meint, dass er irgendetwas sieht (was gar nicht unbedingt da sein muss), macht er sich so stark, dass man kaum mehr zu ihm durchkommt und ihn auch schwer irgendwo vorbeidrücken kann, der arretiert seinen Kopf, dreht einfach rum und ist weg. Man kriegt ihn schon wieder gebremst, aber es nervt halt. Oft sind es auch völlig schwachsinnige Situationen, z. B. ein Schneefleck am Straßenrand, geschälte Bäume, ganz furchtbar fand er am Anfang auch Spaziergänger, Hunde, Kinderwägen usw., allerdings nur im Gelände, im Dorf nicht, weil da gehören die ja hin... Mittlerweile haben wir einen Kompromiss geschlossen: Er muss überall vorbei, er darf auch gerne in Ruhe gucken und mit großem Bogen vorbei, aber umdrehen geht gar nicht. Er geht ja auch vor der Kutsche und da wäre das fatal. Wir konnten uns ganz gut arrangieren. Er nervt manchmal echt, weil er - gerade zum Anfang der Arbeit - sehr unkonzentriert ist und sich an allem und jedem aufzieht und ablenken lässt, z. B. im Galopp plötzlich den in der Halle stehenden Reitlehrer ganz furchtbar findet und mit hochgestrecktem Kopf sich festbeißt und durchstartet. Ich lerne aber immer besser, ihn einfach zu ignorieren. Wenn er einen knalligen/blöden Tag hat, muss er eben mal 20 Runden in der Halle galoppieren mit ständigen Tempiwechseln oder viele Übergänge jeweils nach drei bis fünf Sprüngen/Tritten. Plötzlich macht es bei dem Depp dann immer "Klick" und der läuft mega toll und arbeitet sensationell mit. Ich unterstelle ihm nichts Böses und auch keinerlei Testen o. ä., deshalb strafe ich ihn auch nie bei solchen Aktionen, das ging schon ein paar Mal nach hinten los. Wenn er im Galopp z. B. durchstartet, wird ganz ruhig auf eine große Volte/Zirkel abgewendet, wenn er sich beruhigt, was mittlerweile immer schneller klappt, wird sofort einmal kurz gelobt und weitergeritten. Mir selbst hilft mittlerweile immer ganz gut, ihn auszulachen oder im Spaß zu "beschimpfen", dann werde ich lockerer und er gleich mit. Er ist aber im Umgang auch so ein kleiner Quatschkopf und möchte immer Aufmerksamkeit, er kann es zB nicht leiden, wenn man vor seiner Box steht und nicht hingeht, knirscht dann die ganze Zeit. Andererseits möchte er aber auch seine Ruhe, hat eine sehr abgeschottete Box im Stall und steht oft mit Blick in die Scheune, wo er niemanden sieht und chillt. Auf der Koppel hat er sich schon öfters mal losgerissen beim Rausbringen, weil es ihm oft nicht schnell genug geht usw., eigentlich wissen wir gar nicht warum, egal wer ihn führt, ob mit Strick, Kette usw. Er hat dann auch immer ein mega schlechtes "Gewissen", kommt dann sofort wieder an und will auf den Arm. Kompromiss: Er bekommt ein Leckerli vor der Koppel und eines wenn der Strick ab ist, dann darf er los. Das ist sicher nicht 100 % ok so, aber es bringen ihn so viele verschiedene Leute raus, da braucht man einfach ein Workaround. Eine Zeitlang hat er auch viel geschnappt, oft, wenn ihm etwas zu viel wurde, zB zu viele Leute und Lärm im Stall. Das ist viel besser geworden. Man könnte jetzt viel in sein Verhalten rein interpretieren, was ihn sicherlich vermenschlicht, aber man muss ihn einfach so nehmen wie er ist. Andererseits ist er aber unbezahlbar, weil er super schnell lernt und behält und cool ist. ZB waren wir mit der Kutsche unterwegs, ein Riesenmähdrescher kam von hinten und hat überholt, rechts Leitplanke und zum Mähdrescher 20 cm Platz. Ich bin vorne bei ihm gelaufen, habe ich beruhigt und er machte lediglich riesige Augen, steckte seine Nase in meine Armbeuge und marschierte tapfer weiter. Neulich hatten wir Dressurunterricht. Vor der Halle lag Split auf dem Pflaster, der aufgeladen wurde, Schaufel kratzte über den Boden und es knallte und schepperte, Pferd hat nicht mal mitm Ohr gewackelt, weil eben mitten in der Arbeit. Am Schluss noch ne Runde am langen Zügel Schritt gegangen, Splitaktion ging weiter und ich wurde fast abgeschlossen, weil es dann plötzlich doch schlimm wurde.
|