Prinzipiell glaube ich ja, dass die meisten gängigen Reitweisen sich gar nicht so gravierend unterscheiden.
Hatte jahrelang nur FN-Unterricht und habe da auch die unterschiedlichsten Reitlehrer gehabt und ganz unterschiedliche Pferde geritten.
Momentan nehme ich gerne Unterricht bei einem ehemaligen Bereiter der Wiener Hofreitschule. Also schon eher klassisch angehaucht. Der hat ein unglaublich gutes Gespür für Pferd und Reiter und gibt sehr hilfreiche Tipps und erklärt auch genau wo der Fehler in diesem Moment jetzt liegt. Ansonsten kann ich außer vielleicht dass er sich vermehrt mit Seitengängen beschäftigt, keinen Unterschied zur FN-Reiterei erkennen.
Einziger wirklich signifikanter Unterschied ist, dass der absolut uninteressiert daran ist, mit was für einem Pferd man da zum Unterricht aufkreuzt. Der würde einen sogar auf einem Esel unterrichten, glaube ich und versuchen das Beste aus dem Paar rauszuholen.

Da würde einem jeder renommierte FN-Trainer den ich kenne vermutlich einen Vogel zeigen.
Was mich generell nervt, sind diese Versuche eine von der Norm (ist für mich in Deutschland eben FN-Reiterei) abweichende Reitweise mit der Besonderheit des eigenen Pferdes rechtfertigen zu wollen. Das ist meiner Meinung nach reine Augenwischerei.
Das habe ich aber kürzlich auch in die andere Richtung (FN-Reiterin meinte ihr Pferd wäre einfach nicht barock genug für den klassischen Ansatz

) gehört. Scheint also auch eine allgemein beliebte "Ausrede" zu sein.
Ich bin fest davon überzeugt, dass man sowohl durch korrekte FN-Reiterei, als auch durch korrektes Klassikreiten jedes Pferd korrekt ausgebildet bekommt und es gesunderhalten kann.
Vorher schrieb schon mal jemand, dass es in vielen Fällen vielleicht für den Reiter einfacher ist von FN-Richtlinien abzuweichen und sich alternative Wege zu suchen. Das mag' sein, ich glaube allerdings nicht, dass das dann wirklich leichter ist. Der Ansatz ist halt anders und erleichtert dem ein oder anderen gewisse Punkte vielleicht, weil es besser veranschaulicht, was das Ziel ist. Korrekt ausgeführt ist aber mit Sicherheit jede Art der Reiterei unglaublich schwer.
Prinzipiell habe ich also gar nicht gegen "alternative" Reitweisen. Ich habe nur was gegen Leute die es sich leicht machen wollen und sich hinter komischen Theorien verstecken.
Wenn jemand gerne Dehnübungen vom Boden machen möchte und sich dadurch leichter tut, habe ich damit absolut kein Problem. Ich habe nur ein Problem mit Leuten, die nicht in der Lage sind ihre Pferde vernünftig und korrekt zu reiten und dann aufgrund des schwierigen Körperbaus/der schwierigen Psyche des Pferdes angeblich nicht nach gemeingültigen Prinzipien arbeiten können.
Die können halt einfach nicht reiten und eigentlich ist es dann wahrscheinlich am besten, wenn sie es eben nicht mehr tun, sondern sich anderweitig mit dem Pferd beschäftigen!
Ich denke das könnte mitunter auch ein Grund sein, warum es einem vielmals so vorkommt als wären unter den "Alternativlingen" unglaublich viele Pfuscher am Werke. In Deutschland ist FN-Reiterei nun mal am weitesten verbreitet und so starten die meisten ihre Reiterkarriere FN-konform. Wenn das dann aus irgendwelchen Gründen nicht klappt (Schlechter Unterricht, kein Gefühl für's Pferd, etc.), wechselt man in eine alternative Richtung und pfuscht da fröhlich weiter.
Natürlich gibt es unter den FN-Reitern vermutlich ebenso viele untalentierte und einfach schlechte Reiter. Das kann man täglich in den Ställen beobachten. Das nimmt sich also eigentlich nicht so viel.
Mir ist es also tatsächlich egal nach welcher Reitweise sich jemand richtet (obwohl ich prinzipiell schon finde dass in den Richtlinien sehr viel Wahres steht), Hauptsache er reitet korrekt. Ob er dass dann klassisch oder sonst wie tut, spielt eigentlich keine Rolle und ein grottiger Reiter bleibt ein grottiger Reiter egal nach welchen Prinzipien er reitet.
Ob korrekt geritten wird, sollte man dann auch an einem zufrieden und locker schwingenden Pferd erkennen können, dass ohne großartig sichtbaren Einsatz und mit Freude seine Lektionen "tanzt". Das ist jedenfalls mein Idealbild vom Dressurreiten.