Ich gehöre zwar mehr zu den still vor sich hinpaddelnden Enten, aber bei dem aktuellen Schiet-Wetter da draußen, dachte ich mir, man kuschelt sich vielleicht gerne zuhause ein, macht es sich gemütlich und amüsiert sich mit einem kleinen humoristischen Text über die Tücken der Ilex-Einkürzung im deutschen Vorgarten. Diesmal zwar etwas, ohne hippologischen Bezug, aber ich hoffe, ihr fühlt Euch trotzdem gut unterhalten...
Und es begab sich zu der Zeit dass...
... die besten Eltern von allen riefen. Und wenn die besten Eltern von allen rufen, tut man das, was eine brave Tochter eben tut: Man erscheint wie herbeizitiert, um das „ILEX-DEBAKEL“ vor dem Elternhaus zu betrachten. Besagter Ilex wohnt seit geraumer Zeit vor dem Elternhaus der besten Eltern von allen und ist von stämmigem Wuchs. Leider hat ihn die Laune gepackt und er schoss auf vorwitzige 2,10 Meter Höhe. Zu hoch für den Geschmack der besten Eltern von allen. Mindestens 50 cm (!!) – so beschloss der in Ehren ergraute Elternrat – müssen fort. Die Dachrinne wird bedrängt, das Toilettenfenster verdunkelt und überhaupt werden Diebe und lichtscheues Gesocks angelockt, welche hinter dem grün-weißen Strauch auf Übles sinnen.
Gesagt, getan: Es wurde ein Fachmann für Baumwuchs, Baumkürzungen und überhaupt alles, was sadistische Zweigverstümmelungen betrifft, gerufen. Der grüne Geselle umschlich mit sorgenumwölktem Blick mehrere Stunden den Ilex , nur um uns nach ca. 5 Monaten mit einem auf ökologisch äußerst unkorrektem orange-rotegefärbten Papier gedrucktem Angebot zu verstören.
Bevor ich hier aus dieser Perle eines Angebotes für Baum-Deformierung zitiere, möchte ich noch mal kurz für die Mitleser mit Minimalst-Kurzzeitgedächtnis die Eckdaten der geplanten Strauch-Reduktion zusammenfassen:
- 1 hochaggressiver deutscher Ilex - 2,10m Gesamt- Höhe (dies aber nur an sonnigen Tagen bei gut durchfeuchteter Erde) - 50 Zentimeter händisch einzukürzen
Ich hoffe, alle haben es sich notiert und fahre nun– diesmal ausnahmsweise völlig wahrheitsgetreu – fort, aus dem Angebot des humanoiden Holzhäckslers zu zitieren:
Angebot: - Anfahrt Hubwagen mit Drehleiter - Anfahrt Bodenfräse - Absicherung Baum mit Seilvorrichtung zwecks Schonung Gelände/Wohnhaus - Seilausrüstung
Leistungsumfang: - Entfernen von Totgeäst mittels Abseilen (!!) - Geplante Arbeitszeit vor Ort: 6 Stunden Preis: 890,-- € netto (zzgl. weiterer Kosten für die Ausfräsarbeiten des Wurzelballens)
(Kommentar der besten Eltern von allen: „Ausfräsen des Wurzelballens? Zieht der nen Burggraben um datt Dingen, oder hat er Angst, dass die Wühlmäuse hochkommen und sich über ihn totlachen?!?“ - Im Ruhrpott spricht man eben Tacheles. Isso.)
Ja… dieses Angebot mussten wir erstmal in all seiner Schönheit und Komplexität auf uns wirken lassen… Ich meine… da hat der Zähmer von Zirben und Zedern natürlich schon Recht… Wir reden hier schließlich nicht von „Spitzen schneiden, färben, föhnen und weg“ sondern vom EINKÜRZEN eines – zugegebenermaßen hochstacheligen – deutschen Ilexes. Fies im Wuchs und sehr gefährlich, wenn man ihn nicht direkt beim ersten Anschnitt tötet. Was so ein hochaggressiver leicht verwundeter Ilex anrichten kann, kriegt man ja schon im ersten Lehrjahr zum Baumstreichler erzählt. Da sitzen dann kernige kanadische Lumberjacks in rotkarierten Holzhemden ums Feuer und berichten mit bebender Stimme vom deutschen Ilex und wie dieser damals den guten alten Johnny in einem Haps… … aber ich schweife ab…
Die besten Eltern von allen und ich waren ja auch froh das unser fröhlicher Fichten-Vernichter so umsichtig war und an die Seilsicherung gedacht hat. So kann der Ilex wenigstens nicht wegrennen, wenn man ihm einmal an die Stacheln gegangen ist. Und jeder, der sich nur halbwegs mit Ilexen auskennt, weiß ja, wie wieselflink diese Stechpalmen sind.
Nach genauerem Lesen des Angebotes dämmerte uns aber, dass sich der bange Blutbuchen-Bändiger SELBER mit dem Seil sichern wollte und nicht das stachlige Gestrüpp. Wir mutmaßten, dass er einen strategischen Überraschungsangriff mittels Abseilen von der Dachrinne des Hauses plante. Ein durchaus kluger Schachzug, wie wir fanden. Wittern Ilexe doch Angst auf mindestens 50 Meter gegen den Wind. Und mit einer Attacke von oben rechnet der grün-weiße Geselle sicher nicht.
Vor unserem Geiste sahen wir also schon den gnomigen Gärtner kopfüber mit einem Tarzanschrei von der Dachrinne am Ilex vorbeipendeln – immer darauf bedacht, diesem im Vorbeischwingen ein dorniges Blatt nach dem anderen auszureißen und damit das stachelige Monstrum vor der Haustür final so nachhaltig zu schwächen, dass die letztlich eigentlich vorgesehene Einkürzung dann ohne größere Gefahr für Gärtner und Bodenfräse vollzogen werden kann. Diese artistische Einlage wird natürlich bestens abgesichert von der Mannschaft an Ilex-Bändigern im Tarnfleck, welche es sich in sicherer Entfernung auf der Drehleiter des Hubwagens mit ihren Betäubungs-Gewehren sowie Harpunen gemütlich gemacht haben. Je nach Gemengelage war klar: Wenn der Ilex nach Entfernung des ersten Blattes sich erstmal in Rage tobt , muss entweder ein Fangschuss für den durchgehenden Bedecktsamer her - oder alternativ als finaler Akt der Gnade – der finale Rettungsschuss für den leblos vom Seil hängenden Landschaftsgärtner.
Für diesen hochgefährlichen Einsatz ist natürlich die geplante Arbeitszeit von 6 Stunden das absolute Minimum. Das sahen wir dann auch ein. Eine andere Erklärung für die opulente zeitliche Aufwandeinschätzung war: Die An- und Abfahrt des kompletten Maschinenparks sowie das Ablösen der Seiltakelage vom bärtigen Bondage-Bonsai ist der Grund, warum man einen mehr oder minder kompletten Arbeitstag für die Kappung von 50 Zentimeter Stechpalme einplanen muss! Nichts desto trotz an dieser Stelle eine Bitte an die mitlesende Schwarm-Intelligenz da draußen vor den Monitoren: Wenn sich jemand mit der Gebührenordnung für Ilex-Rasuren im Allgemeinen und Speziellen und deren zeitliche Abmaße auskennt, bitten die besten Eltern und ich an dieser Stelle um fachkundige Einsendungen.
Letztendlich mussten wir dann aber dieses zugegebenermaßen maximal-kreative und sagenhaft günstige Angebot unter größtem Bedauern ablehnen. Ich meine: Wer so lange im Garten- und Landschaftsbau tätig ist, wie diese Zierde der Zierheckenpflege, sollte nun wirklich wissen, dass man für die Entfernung von 50 Zentimeter Ilex IN JEDEM FALL die Anwohner der Straße hätte evakuieren müssen. (Denkt denn niemand an die fußlahmen Alten, und die hilflosen Frauen und Kinder?!?!). Und an die Einschaltung der lokalen Polizeibehörde zur weiträumige Sperrung des Entschärfungsortes mit Absicherung durch mindestens zwei Hundertschaften. Was für ein ANFÄNGER!! Sowas gehört doch zu jedem korrekten Angebot für Ilex-Euthanasie mit dazu. Weiß doch wirklich jeder. Abgesehen davon steht zu meiner großen Empörung nichts – ABER AUCH GAR NICHTS – vom Einsatz eines Kampfmittelräumdienstes in dem Angebot.
Ich sage nur: HERUMFLIEGENDE ILEX-BLÄTTER?!?!? HALLLOOOHOHHHH?!?!?!
_________________ La vie e dure sans confiture!
|