Keine Ahnung, ich habe noch nie einen Unterschied gemacht, welches Geschlecht das Tier hatte, auf dem oder hinter dem ich saß. Für mich ist jedes Pferd ein Individuum, und wird individuell gearbeitet. Ich hatte auch schon wunderbare Beziehungen zu Stuten, die alles für mich getan haben. Und grundsätzlich nehme ich schon Rücksicht auf die jeweilige tägliche Befindlichkeit, kann sein, dass das jetzt anders klang. Es hat auch noch kein Esel bei uns so ein umfangreiches Wiederherstellungs- und Wohfühlpaket bekommen wie Hannah. Weiß nicht, ob es falsch rüber gekommen ist, aber natürlich ist es mir wichtig, dass das Tier überhaupt erstmal körperlich in der Lage ist, das zu erfüllen, was man von ihm möchte. Glücklicherweise haben wir bei uns im Stall Zugriff auf sehr gute Diagnostiker und Therapeuten aller Fachrichtungen, und ja, wir nehmen sie auch in Anspruch.
Ich mag den Begriff traumatisiert nicht so gerne verwenden, der wird ja auch in einschlägigen Tiersendungen leicht inflationär gebraucht. Aber ohne Frage hat Hannah ein ganzes Paket von körperlichen und seelischen Befindlichkeiten mitgebracht. Offensichtlich hat sie von Menschen noch nicht viel Gutes erfahren, ist dazu ein ängstliches und unsicheres Pferd. Ihre einzige Möglichkeit damit umzugehen war bisher entweder Rückzug oder die Flucht nach vorn anzutreten. Das ist sehr zermürbend und langwierig zu bearbeiten, und hat nichts mit Stutigkeit oder falscher Pferd-Reiter-Passung zu tun.
Ja gut, vielleicht möchte dieses Pferd nach seinen bisherigen Erlebnissen eigentlich auch gar nicht mehr mit Menschen zusammenarbeiten, aber sorry, dafür haben wir sie leider nicht angeschafft. Ich habe keine Ahnung, was man mit ihr gemacht hat, um sie "verkaufsfertig" zu präsentieren. Wir hatten nur den Eindruck, sie sei in die falsche Richtung gearbeitet worden, etwas, was man mit Geduld, Konsequenz und kleinen Schritten schon korrigieren kann. Alles andere hat sich erst offenbart als sie eingezogen war. Und allein der Mangel "geht gern auf die Reise" ist kein Grund, dass der Verkäufer sie zurücknimmt. Weil in ihrem früheren Zuhause hat sie ja nie was gemacht und war nie auffällig. Nein, und es lag ja nur am Zeitfaktor, dass man sie nicht weiter gefördert hat.
Ist schon klar, aber beweis mal einer, dass es anders war. Tja, und so einen Kandidaten wird man dann eben auch nicht wieder los. Vor allem, wenn man sich fragt, was andere wohl mit ihr anstellen würden um das händeln. Die Strategie der "Bereiterin" war eben Kopp vor die Brust ziehen und hoffen, dass sie sich nicht traut aufzumucken. So arbeiten wir aber nunmal nicht.
Manchmal bin ich eben ein bisschen müde, weil es sehr, sehr anstrengend ist und in sehr kleinen Schritten voran geht. Dann muss ich das auch mal äußern (dürfen). Das muss aber nicht grundsätzlich heißen, dass es nicht passt oder dass ich nicht mit Stuten umgehen kann. Und sicher gibt es auch jemanden, der das noch viel besser hinkriegen würde als ich. Ganz bestimmt gibts den. Ich glaube allerdings nicht, dass ich die Person im Umfeld der gängigen Bereiter hier bei uns finde. Ich mache mir viele Gedanken, schöpfe alles aus, was mir noch so einfällt, und nehme viel Hilfe (auch in Form von qualifiziertem Unterricht) in Anspruch.
Letztens war jemand bei uns, die uns ein Jahr nicht gesehen hat, und meinte, Hannah hätte ja unglaubliche Fortschritte gemacht. Die Dame hat noch erleben dürfen wie wir ungespitzt in die Bande gebrettert sind, und nun sieht sie ein Pony, was in Takt, Losgelassenheit und Anlehnung Schritt und Trab geht. Jedenfalls immer öfter. Es ist dann schon schön, wenn man von außen gesagt bekommt, dass man doch auf einem guten Weg ist.
Aber auf jednefall Danke, dass sich hier auch so viele Gedanken um uns machen.