Ententeich

Ich habe das mit meinem alten Pferd 12 Jahre lang mitgemacht und ich bin heute noch auf jeden irgendwie ein bisschen neidisch, dessen Pferd mit Anfang 20 einfach innerhalb von kurzer Zeit tot ist. Nicht falsch verstehen, sie hätte auch noch weitere 12 Jahre bleiben können, wenn es gegangen wäre, aber Spaß macht das keinen.

Genau, Spaß ist was Anderes. Man kann einfach nicht mehr so unbeschwert zum Pferd fahren, wie vorher. Klar, bei einem älteren Pferd hat man oft immer mehr Baustellen, aber es ist schlimm zu wissen, dass man nur noch palliativ behandelt und es nicht mehr besser wird, im Gegenteil. Man achtet auf jeden kleinen Fitzel, schaut noch genauer hin, als sonst schon. Und bei jeder Kleinigkeit macht man sich Gedanken, ob das jetzt ein Anzeichen auf weitere Ausmaße dieses „Dings“ ist, oder ob sie einfach nur einen schlechten Tag oder einen Furz quer hängen hat.

Ich denke schon, dass ich es erkennen werde, wann es soweit ist, um dann den letzten Weg mit ihr zu gehen. Aber es ist so ungewiss, ob das morgen oder in ein paar Monaten ist. Klar kann es auch bei einem gesunden Pferd jederzeit passieren, aber so wartet man ja quasi nur täglich darauf.

Oh man....

Aber es tut gut, dass ihr mich da wenigstens versteht und ich es mir hier wenigstens mal von der Seele schreiben kann :-)
Danke!

Naja, aber ob man "wartet" oder nicht, das entscheidet man doch selber.

Ich hab hier gerade einen Kater mit PEK. Das wurde im Frühjahr operiert, PEK kam sofort wieder, Stelle jetzt absolut inoperapel, wird palliativ behandelt.

Man kann das auch alles anders sehen: Ich weiß, dass er demnächst stirbt oder eingeschläfert werden muss. Wann es so weit ist – in zwei Wochen oder einem halben Jahr, weiß ich nicht. daran kann ich auch nichts ändern. Aber ich kann was an meiner Einstellung zu der Thematik ändern. Ich habe mich gegen's "Warten" entschieden und fürs Zeit nutzen.

Klar werde ich ihn vermissen, wenn er nicht mehr ist. Natürlich hoffe ich, dass ich den Punkt nicht übersehe, wenn es Zeit wird, ihn zu erlösen. Aber bis es so weit ist freue ich mich, dass er da ist und dass es ihm – den Umständen entsprechend – erstaunlich gut geht.
Und das ist meine Entscheidung. Ich könnte ihn auch jeden Tag ankucken und traurig sein.

Ich finde, dass das bei einer Katze tatsächlich einfacher ist. Die sind viel ausdrucksstärker und man lebt mit ihnen zusammen - da verpasst man den Moment eher nicht.
Bei einem Pferd immer dazustehen und darüber nachzudenken ob das jetzt wohl noch lebenswert ist oder nicht fand ich deutlich schwieriger. Dann merkt man, dass das Pferd sich verändert - ist das dann schlimm oder einfach nur eine Veränderung? Dann geht es dem Pferd schlecht - behandelt man jetzt noch mal oder ist es Zeit gehen zu lassen? ...

Also ich seh die Freigängerkatze wenn ich Glück hab zweimal täglich kurz. Da war ich deutlich länger mit dem Pferd zusammen, als das noch Einsteller war. Und lesen konnte ich den auch deutlich besser als jede Katze. Das ist einfach Typsache würde ich sagen.

Wenn ich an einem komischen Stall stünde (unzuverlässiger SB, mobbende Miteinsteller, z. B.) könnte ich mir schon vorstellen, dass mir das Entspannen mehr Schwierigkeiten beim Pferd bereiten würde. Aber das läge dann für mich mehr an den Umständen als an der Sache an sich. Und im Kern ändert sich dadurch für mich nichts.

Außerdem hat dieses "Mach ich alles richtig im Moment" nichts mit der Grundhaltung zu tun, ich ich meine und die ich oben beschrieben habe.

Klar, ich nutze auch die Zeit mit ihr und genieße sie. Das ändert trotzdem nichts an der Tatsache, dass ich immer ein mulmiges Gefühl im Bauch habe, wenn ich zu ihr fahre, oder sich jemand aus dem Stall meldet.

Da hätte ich meinen Stallbesitzer mal fast getötet!

Sonntag in der Früh um 9 (für die Norddeutschen: Sonntag morgens um 9) klingelt mein Handy und ich sehe im Display den Namen des Stallbesitzers. Ich in völliger Panik. Er "Wir machen einen größeren Ausritt. Willst Du mitkommen?"

"Nein! Will ich nicht! Ich will dass mein Puls sich wieder beruhigt."

Meinem SB habe ich auch schon mal erklärt, dass ein Anruf beim Pferdebesitzer nicht so beginnen sollte:

"Hoi, do isch der Albert, woisch, also es isch so...stör i grad?....der Louis...woisch, der däd...also es wär guat, wenn Du Dein Hänger umparke könnscht..." Und das alles immer mit so ewigen Pausen dazwischen....

Wenn die SB bei mir angerufen hat, ohne dass was mit dem Pferd war, kam als erster Satz gleich immer: Es ist nichts mit dem Pferd.
Nichtsdestotrotz ging der Puls erstmal in die Höhe, wenn ich gesehen habe, wer anruft.

Whats App Nachrichten, morgens um sieben, sind auch toll...
Aber Anrufe können den Puls schon echt hoch treiben.

So war's im alten Stall auch. Anfangs war ich etwas irritiert. Nach der ersten Kolik mit Klinikaufenthalt hab ich's dann verstanden.
(Mit dem neuen SB bin ich wegen anderer Sachen öfters in Kontakt. Bisher war noch nichts mit dem Pferd, daher habe ich noch keinen erhöhten Puls, wenn seine Nummer auf dem Display erscheint.)

Mein Pferd "möchte" ja auch immer mal wieder sterben. Inzwischen habe ich Singvogel's Einstellung: Ich genieße jeden Tag, den ich mit ihm verbringen darf und denke auch nicht auf dem Weg in Stall, "oh je, hoffentlich geht's ihm gut".

Ina1980: Ich wünsche euch noch eine schöne, lange, unbeschwerte Zeit.