Ententeich

Das große Geschnatter geht weiter!
Aktuelle Zeit: 28. März 2024, 11:20


Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde [ Sommerzeit ]




Ein neues Thema erstellen Auf das Thema antworten  [ 6 Beiträge ] 
Autor Nachricht
Ungelesener BeitragVerfasst: 12. August 2012, 14:41 
Offline
Benutzeravatar

Registriert: 14. Januar 2012, 18:37
Beiträge: 105
Nach meinen mannigfaltigen (negativen) Erfahrungen mit bewegten Objekten vor meiner Kamera habe ich mich nun schmollend der Blumenfotografie zugewand. Hatte ich eine Ahnung, wie aufregend das Thema sein könnte! Daher konnte ich auch nicht anders, als meine Erlebnisse in einem Text für die Nachwelt festzuhalten - nur für den Fall, dass ich von einem wilden Löwenmäulchen gerissen werde... Ich hoffe, Ihr habt Spaß mit der Satire - dann mal los!

„Weißt Du, was ich an Amateur-Anfänger-Fotografen wirklich wirklich hasse???“, fragte mich ein guter Freund vor einigen Tagen. Und beantwortete seine – eigentlich eher rhetorische - Frage direkt selbst: “Blumen. Diese verdammten Blumen. Immer fotografieren sie Blumen. Morgens, mittags, abends. Vor bewölktem Himmel, im Abendrot, bei Sonnenschein. Nur Hagelstürme und stockfinstere Nacht können diese Amateure anscheinend davon abhalten, Blumen zu fotografieren. Hatte ich übrigens gesagt, dass ich Blumenfotos hasse und beim nächsten Anblick eines bedeutungsschwangeren Löwenzahns vor Industriebrache kotzen werde?!?“
EsKA072012
Ich nickte still, und löschte leise schluchzend noch am gleichen Abend das Foto des bedeutungsschwanger aus dem Asphalt einer Industriebrache hervorbrechenden Gänseblümchens, welches ich meinem spontan zum Ex-Guten-Freund mutierten guten Freund eigentlich als Fine Art Druck in künstlerischem schwarz-weiß auf 120 x 80 cm zum Geburtstag schenken wollte. „His loss!“, dachte ich trotzig und zog schniefend meine Nase hoch.

Bis zu dem Gespräch hatte ich es nämlich noch für ein sehr gelungenes Foto gehalten. Zumal es endlich einmal eines war, was weder verwackelt noch überbelichtet war. Das erste von geschätzten 2 Fantastillionen meiner Fotos übrigens... Der gute Freund wusste nicht, welche meiner Träume er mit seinen kurzen Sätzen zerstört hatte. - Warteten doch auf meinen Speicherkarten und der Festplatte hunderttausende Fotos von Gardenien, Heideröslein und gewagten Knollenbegonien, sowie von einige Wasserlilien, welche ich in äußerst lasziven Posen erwischt hatte, auf eine hoffentlich baldige Veröffentlichung im National Geographic.

Was mein guter Freund – und offensichtlich auch der Rest der Profi-Fotografen-Welt – in meinen Augen deutlich unterschätzt, ist das irrsinnige Risiko, welchem man sich beim Fotografieren von Gartenblumen aussetzt. Doch sind diese vergleichsweise zahmen Nachkommen NICHTS im Vergleich zu ihren noch völlig undomestizierten Ahnen, die ganz in der Nähe unserer Zivilisation auf nichtsahnende Fotografen und unvorsichtige Wanderer lauern! EsKA072012

Vom nahezu lebensgefährlichen Einsatz beim Fotografieren von Wildblumen möchte ich an dieser Stelle einmal ausführlicher schreiben. Ahnt doch niemand dieser Verächter von Blumenfotos, dass das Ablichten dieser mörderischen bunten Gesellen einem Afghanistan-Einsatz unter Feind-Flakbeschuss in keinster Weise nachsteht, sondern – schlimmer noch – aufgrund der Unabsehbarkeit der Angriffe tausendmal gefährlicher ist!! Meine Fleischwunde am rechten Arm, welche mir ein aufgebrachter kriechender Günsel nach Betreten seines Reviers beibrachte, behindert mich noch heute – 2 Jahre nach dem schrecklichen Vorfall - sehr beim einhändigen Eintippen der Buchstaben. Meinen anderen Arm hat mir übrigens schon vor Jahren eine halbkugelige Teufelskralle ausgerissen, die unzufrieden mit ihrem Model-Honorar war. Aber das ist eine andere Geschichte. Wer hätte sich auch Denken können, das dieser Günsel dermaßen territorial war und das Eindringen in sein Hoheitsgebiet mit einer sofortigen, mit dem menschlichen Auge fast nicht erkennbaren, Attacke quittierte?! Ich offensichtlich nicht! Meinen verbleibenden Arm konnte ich nur zusammen mit einem zufällig anwesenden Frühlings-Fingerkraut, welches mir freundlicherweise Daumen und Zeigefinger lieh, und durch das Basteln eines Druckverbandes aus einer Rolle Film, Polfilter sowie einer aus meinem Einbeinstativ gebastelten Schiene retten. 14 Tage nach dem Angriff fand mich zum Glück ein streunender Landwirt völlig entkräftet und halluzinierend 67 cm neben der lokalen Bundesstraße im Ackerrain liegend vor. Keine 20 cm daneben hatte sich der schreckliche Vorfall ereignet. Diesen Gewaltmarsch hatte ich nur bewältigt, indem ich mich ständig mit dem zum Glück dort reichlich vorkommenden und überaus kooperativem gelben Lerchensporn vorwärts peitschte.EsKA072012
Überlebt habe ich die 2 Wochen in der tiefsten Wildnis nur durch den Verzehr von dem aus den Fenstern der vorbeifahrenden Autos geworfenen Ferienproviant! Dieser Diät aus angebissenen Milky Ways, Cola und Salamibrötchen verdanke ich noch heute meine 75 cm Ganzkörper-Fettschicht, die mich warm durch viele weitere Winter gebracht hat. Doch bleiben wir bei den Gefahren der Blumenfotografie im Allgemeinen und der Wildblumen-Fotografie im Besonderen!

An dieser Stelle sind ein paar deutliche Worte der Warnung angesagt! Während der Scharfe Mauerpfeffer und das zot(t)ige Weidenröschen den ahnungslosen Fotografen üblicherweise lediglich mit ihren derben Anzüglichkeiten sexuell belästigen und das wilde Stiefmütterchen nur versuchen wird, den nichtsahnenden Fotografen Sonntags nachmittags auf eine „kleine Tasse Kaffee mit Bienenstich“ einzuladen, lauern dort draußen im lichten Halbdunkel von Gebüschen und Gräsern noch hunderttausende von anderen vielblättrigen Gefahren. In die Kategorie „nervig, unfotogen, aber harmlos“ fällt neben den o.g. Arten übrigens auch das Schmalblättrige Greiskraut, welches einem ganze Nachmittage mit den Anekdoten aus der großen Weizenernte von 2011 klauen kann. Eine Tatsache, die zwar ärgerlich ist, aber in 90% der Einladungen nicht zum sofortigen Tod des Fotografen führt.

Die wolfköpfige Kratzdistel und der schwarzfrüchtige Zweizahn sind da schon ganz andere Kaliber, denen man sich – meiner Erfahrung nach – am besten in einem mobilen Hai-Käfig nähert! Oder alternativ (und deutlich unauffälliger) in einem russischen Schützenpanzer Marke Terminator. Diese Mühe wird dann aber in der Regel mit wundervollen völlig ungestellten Fotos der absolut ungehemmt vor der Linse der Kamera Photosynthese betreibenden Gewächse belohnt werden - Immer vorausgesetzt, man streckt kein Objektiv oder eine Hand ins Freie!

Aus eigener schmerzvoller Erfahrung möchte ich an dieser Stelle auch von intensiveren Kontakten zum Judas-Silberblatt abraten! Geht man ihm erst einmal auf das Gartenleimkraut, kann man sich glücklich schätzen, wenn man Morgens vor dem ersten Hahnenfuß nur mit einem Blutauge wieder aufwacht! Lehnen Sie bitte in jedem Fall das Angebot, abends in gemütlicher Runde eine Tüte Echten Erdrauch zu inhalieren, ab! Das führt nur zu massivem Wiesenschaumkraut vor dem Mund und schlimmstenfalls werden sie im Morgennebel des nächsten Tages vom ansitzenden Revierjäger für ein Kitz mit Tollwut gehalten. Schnell ist es passiert, dass der kühne Jäger einen Blattschuß ansetzt, und den noch ahnungslos herum torkelnden Fotografen mit einer genau gezielten Knallerbse zur Silber-Immortelle macht! Das man mit den total verwackelten Fotos aus der obigen Begegnung nicht mal einen Persischen Ehrenpreis und schon gar nicht den Titel eines Waldmeisters erringt, muss ich sicherlich nicht erwähnen.

Ähnliches gilt für Kontakte mit der Natternzunge, dem Gauklerkraut und dem Hohlzahn. Diese Gesellen sind zwar possierlich anzusehen, halten aber auf Fotos selten, was sie einem vollmundig in Natura während des 4 stündigen Fotoshootings versprechen.EsKA072012

Ein letztes Wort der Warnung noch zur Witwenblume: Sollten Sie ein Fotograf sein (also männlich im Sinne vom „vom Genotyp her“), dann lassen Sie sich keinesfalls darauf ein, dass diese Vertreterin aus der Gattung der Knautia ihre weit herausragenden Staubblätter ausstreckt, um damit Ihre Antherenröhre zu umschließen. Und machen Sie auch keine Pin-Up-Fotos von ihr! Der Playboy wird sie aufgrund der Behaartheit der Stängel rigoros ablehnen, wie ich seit gestern weiß!

Ich hoffe, ich konnte nun allen Ungläubigen verständlich machen, was es eigentlich bedeutet, Blumen zu fotografieren. Ich für meinen Teil werde nun meinen Figuranten-Anzug vom letzten Schutzhundetraining anziehen und mich wieder nach draußen in die wilde Natur direkt neben der Landstraße begeben. Ich habe da gestern ein paar Löwenmäulchen entdeckt. Und noch bleibt mir eine Hand, um den Auslöser meiner treuen Kamera zu bedienen!

Waidmannsheil und immer eine Handbreit Pixel unter der Lichtwaage! Horridoh, Ihr wilden Blumenfotografen!EsKA072012

_________________
La vie e dure sans confiture!


Nach oben
 Profil  
 
Ungelesener BeitragVerfasst: 12. August 2012, 16:24 
Offline
Benutzeravatar

Registriert: 2. Mai 2007, 21:21
Beiträge: 687
:thxs:

_________________
Twenty years from now you will be more disappointed by the things that you didn't do than by the ones you did do. Sail away from the safe harbour. Catch the tradewinds in your sails. Explore. Dream. Discover.
(Marc Twain)


Nach oben
 Profil  
 
Ungelesener BeitragVerfasst: 12. August 2012, 19:46 
Offline
Benutzeravatar

Registriert: 23. März 2009, 07:37
Beiträge: 6130
Doppel-Daumen nach oben!!!
Einfach wieder einmal genial!

Endlich mal jemand, der aus eigenen Erkenntnissen u. dem damit verbundenen Leid
berichtet.

:muahaha:


Nach oben
 Profil  
 
Ungelesener BeitragVerfasst: 12. August 2012, 20:05 
Offline
Benutzeravatar

Registriert: 14. Januar 2012, 18:37
Beiträge: 105
@Plondyne: Oh ja, und WIE ich litt und noch leide! Schnecken sind immer noch viel zu schnell für mich arme Amateurfotografin. Und erst vor kurzem sind im Rahmen meiner ausgiebigen Fokussier-Versuche diverse Kakteen verwelkt. Ich glaube, das wird nix mit mir und der Action-Fotografie, oder? *seufzt dramatisch auf*

_________________
La vie e dure sans confiture!


Nach oben
 Profil  
 
Ungelesener BeitragVerfasst: 12. August 2012, 22:43 
Offline
Benutzeravatar

Registriert: 17. Mai 2007, 10:00
Beiträge: 9171
*prust*

Sehr schoen. :respekt:

P.s.: ich hasse blumenfotos.....Jedenfalls die meisten.

_________________
- Love it, change it or leave it -


Nach oben
 Profil  
 
Ungelesener BeitragVerfasst: 13. August 2012, 08:00 
Offline
Benutzeravatar

Registriert: 2. Mai 2007, 08:27
Beiträge: 10314
Wohnort: Nordschwarzwald
:mrgreen:

_________________
Richtig Reiten reicht - Paul Stecken *29. Juni 1916

Widme Dich der Liebe und dem Kochen unbekümmert und hingebungsvoll! (Dalai Lama)

Ein wahrer Samurai besitzt nur EINEN Richter über seine Ehre und das ist er selbst. Die Entscheidungen, die du triffst, und wie diese Entscheidungen durchgesetzt werden, spiegeln dein wahres Ich wieder. Du kannst dich nicht vor dir selbst verstecken.
(Aus: Der Weg des Kriegers: Meiyo- Ehre)


Nach oben
 Profil  
 
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:  Sortiere nach  
Ein neues Thema erstellen Auf das Thema antworten  [ 6 Beiträge ] 


Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde [ Sommerzeit ]


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 9 Gäste


Du darfst keine neuen Themen in diesem Forum erstellen.
Du darfst keine Antworten zu Themen in diesem Forum erstellen.
Du darfst deine Beiträge in diesem Forum nicht ändern.
Du darfst deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du darfst keine Dateianhänge in diesem Forum erstellen.

Suche nach:
Gehe zu:  
Powered by phpBB® Forum Software © phpBB Group
Deutsche Übersetzung durch phpBB.de