An meine erste Katze bin ich gekommen wie die Jungfrau zum Kinde: Ich bin umgezogen, hatte dann eine schöne Wohnung mit Terrasse und als wir noch mit Schränke auswaschen und Kartons ausräumen beschäftigt waren, streunte eine Katze durch die offene Terrassentür und guckte mal, was wir so machen. Die Katze war offensichtlich ein Streuner und in einem fürchterlichen Zustand. Mein damaliger Freund ist erstmal abends noch zur Tankstelle gefahren und hat Katzenfutter geholt, ich habe in der Zeit die Katze bespaßt, damit sie nicht wieder abhaut. Als wir sie dann auf der Terrasse die Katzenfutterdose geöffnet haben, kam auf einmal eine zweite, scheuere Katze aus dem Gebüsch und fraß mit. Von da an hatten wir immer Katzenfutter vorrätig und die beiden Katzen kamen jeden Abend auf unsere Terrasse und ließen es sich schmecken. Die eine blieb scheu und holte sich immer nur schnell ihr Futter ab, die andere spazierte jedesmal durch unsere Wohnung als hätte sie nie woanders gelebt, setzte sich mit uns vor den Fernseher. Jeden Abend wurde es schwieriger sie rauszuschmeißen.
Als wir dann nach ein paar Tagen beschlossen haben, die Katzen zu adoptieren, sie mal beim Tierarzt entflohen zu lassen und zu testen, ob sie ein Katzenklo kennen, damit sie ganz bei uns einziehen können, kam die zutrauliche Katze nicht mehr. Die scheue holte sich weiterhin jeden Abend ihr Futter ab und verschwand dann wieder. Nach mehreren Tagen sind wir davon ausgegangen, daß die zutrauliche Katze wohl vom Auto überfahren wurde, weil die beiden immer im Doppelpack bei uns eingetroffen sind.
Eine Woche später war im örtlichen Tierheim Tag der offenen Tür und mein Freund wollte unbedingt hin um mal nach einem Hund zu sehen. Keiner der Hunde gefiel meinem Freund, aber im Katzenhaus haben wir "unsere" zutrauliche Terrassen-Katze wiedergetroffen. Also haben wir noch eine Nacht drüber geschlafen und am nächsten Tag die Katze adoptiert.
Die war überglücklich, daß sie ein neues Zuhause gefunden hatte, das sie sich ja im Grunde vorher selber ausgesucht hat. Nur ihren alten Kumpel, die scheue Katze, hat sie von dem Tag an von "ihrer" Terrasse verjagt!
Leider hat sie nur ein Jahr bei uns leben dürfen. Sie hatte chronische Nierenprobleme, ich war Dauergast beim Tierarzt, aber mit regelmäßigen Medikamenten ging es ihr relativ gut. Nur hat sie dann, weil der Organismus wohl doch zu geschwächt war, eine Lungenentzündung bekommen, die sie nicht überlebt hat.
Meine zweite Katze, ein bildhübscher Kater, ist auch auf seltsame Weise zu mir gekommen: Mein damaliger Freund war selbständig, hatte einen Containerdienst und hat unter anderem Wohnungsentrümpelungen durchgeführt. An einem Rosenmontag, ich hatte frei, er hatte einen Auftrag, eine vom Gerichtsvollzieher geöffnete Wohnung zu räumen, rief er an und meinte, ich solle doch bitte mit unserer Katzen-Transportbox kommen. Die zu räumende Wohnung war Messi-mässig mit Sperrmüll zugestellt und völlig vermüllt, der Mieter war nicht mehr aufzufinden und hatte länger schon keine Miete mehr bezahlt. In dem ganze Sperrmüll und Müll hatte mein Freund beim Ausräumen eine schwarze Katze entdeckt, die sich ängstlich im Sperrmüll versteckte. Außerdem hatte er im Müll ein Foto entdeckt, auf dem vier (!) Katzen zu sehen waren, so daß niemand wußte, wieviele Katzen noch aus dem Müll gekrochen kommen würden. Das Tier hatte wohl tagelang nichts mehr zu fressen gehabt, auch da wurde erstmal Futter geholt und Wasser aufgestellt, die Katze war aber so verstört, daß sie sich kaum ans Futter traute.
Am Telefon meinte mein Freund bereits, daß ich die Katze haben könnte, sonst würde sie ins Tierheim kommen. Ich war aber über den Tod unserer ersten Katze noch nicht hinweg und wollte keine neue. Außerdem finde ich schwarze Katzen langweilig .... Als ich eintraf, hatten die Männer die schwarze Katze bereits fangen und in eine provisorische Kiste setzen können. Und in dem Augenblick, in dem ich den Raum betrat, kam ein wunderschöner, grauer Kater aus dem Müll geklettert, den vorher noch keiner zu sehen bekommen hatte, strich um meine Beine und schubbelte sich an mir, als ob er sagen wollte "Rette mich bitte!" Da war es um mich geschehen, ich habe die beiden Tiere nicht ins Tierheim gebracht, sondern mit zu uns nach Hause genommen.
Wenige Wochen danach ging mein Leben leider den Bach runter, mein Lebensgefährte starb plötzlich an einem Herzinfarkt, meine Schwiegermutter hatte nichts besseres zu tun als mich sofort aus dem Haus zu schmeißen. Die Katzen hatten sich bis dahin als schwierig erwiesen, weil ein von beiden in die Wohnung pinkelte und ich nicht wußte, wer der Übeltäter war. Irgendwann merkte ich, daß es die schwarze Katzendame war. Da ich so schnell keine Mietwohnung fand, die mir zusagte, wurden meine Möbel eingelagert und ich bin erstmal provisorisch in die ehemalige Studentenbude meiner Schwester gezogen, die im Ausland lebte. Nur konnte ich meiner Schwester nicht zumuten, daß sie in ihrer Wohnung eine Katze mit Pinkelproblem duldet. Das Problem hatte in der Zwischenzeit auch extreme Ausmaße angenommen, die schwarze Katze pinkelte sogar aus Protest auf das Sofa, während ich daneben saß!
Da ich in einer Notsituation war, keine Zeit hatte ein neues, gutes Zuhause zu suchen, habe ich dann schweren Herzens die schwarze Katze im Tierheim abgegeben. Den grauen Kater habe ich behalten. Von dem Tag an war der graue Kater ein anderes Tier: Vorher war er scheu, während die Katze ständig in meiner Nähe war und gerne schmuste, war der Kater immer im Hintergrund, lag abseits und beobachtete uns. Als er dann Einzelkatze war, war er von jetzt auf sofort ein Schmusetiger, klebte an mir und konnte gar nicht genug Streicheleinheiten bekommen.
Damit war klar, woher das Pinkelproblem bei der Katzendame kam: Die beiden harmonierten nicht miteinander, obwohl man ihnen das im Umgang nicht ansah. Die lagen sogar zusammen im Körbchen und schmusten miteinander. Aber beim Thema Liebe zum Dosenöffner war da anscheinend der Konkurrenzkampf so groß, daß beide unglücklich waren. Sie pinkelte aus Protest immer mehr alles voll, er zog sich zurück und war extrem scheu. Ich habe nie erfahren, was aus der Katze im Tierheim wurde, hoffe aber inständig, daß sie ein schönes Zuhause als Einzelkatze bekommen hat, so daß sie die Prinzessin war und die alleinige Aufmerksamkeit hatte. Damit wäre bestimmt auch ihr Protestpinkeln verschwunden.
So viel zum Thema Katzen und Gruppen-/Einzelhaltung ... Klar gibt es immer wieder Tiere, die super miteinander klar kommen. Aber es gibt auch genug Katzen, die lieber "Einzelkind" sein möchten.