Yvi, ich kann Dich sehr verstehen und mir ging es einige Zeit mal ganz ähnlich. Ich erzähle hier mal, wie es mir ging.
Ich habe meine 4,5 jährig von der Wiese geholt, sie ist aus meiner ehemaligen Stute und es stand auf enmal ausser Frage dass SIE mein Pferd wird. Sie war nicht einfach, aber ich liebe dieses Pferd einfach genau so wie sie ist.
* Nach 3 Wochen bei mir ein Griffelbeinanbruch, gerade angeritten...Tritt auf der Wiese.
* Kurz danach begann sie den Kopf schief zu halten, also Wolfszähne raus. Keine Besserung. Lange, lange nach der Ursache gesucht, ich glaube ich habe Röntgenbilder vom ganzen Pferd, welche ins Lehrbuch gehören, so gut sind sie. Aber Problem nicht gelöst. Der Spass verging mächtig. Dann die Diagnose, Kniebänder sind das Problem! Angespritzt, Problem behoben, Kopf gerade.
* Dann im Frühjahr riss sie sich los bzw. das Knotenhalfter riss und sie rannte weg. Nach 2,5 Stunden fand die Polizei sie kilometerweit entfernt. Sie ist über die Autobahndrücke der A5 gelaufen am zwischen Frankfurt und Bad Homburg. Seitdem nicht mehr Geländetauglich, sie bekommt wahnsinng Panikl die wir bis heute nicht in den Griff bekommen haben. Kurz danach rutschte sie auf der Stallgasse aus, Trümmerfraktur im Kiefer, ein vorderer Zahn musste raus, Klinik, OP, Pause..., ein Stück Oberlippe fiel einige Tage nach dem Nähen ab, da ist nun ein kleines Loch.
* Kurze Zeit später bockte sie mich "kaputt", Fraktur von drei Brustwirbeln, Pause für mich. Dann kam sie tatsächlich mal ins laufen, ich rit sie bis L zu Hause, M Lektionen und wir wagten uns auf zwei Turniere. Ich kaufte einen Hänger damit wir nun loslegen können. Es war Ende der Saison und über den Winter sollte es nun richtig weitergehen.
* Am 6. Januar stand sie auf drei Beinen, es folgten zwei Operationen unter Vollnarkose, ein ganzer Sommer verging wo sie fest in der Box stehen musste., Sie konnte nichtmal Schritt gehen, es sah so gausam aus und ständig dachte ich, dass ich sie nun erlösen muss...doch die Klinik gab sie nicht auf und meinte, dass sie kämpft und dass sie das schafft. im Dezember war dann die zweite OP, schlimmer Rückfall und das ganze von vorne. Einige haben das hier ja mitverfolgt. Und dann kam die Zeit der Vorwürfe...kaum jemand fragte noch, wie es uns geht, es wurden seltsame Blicke, ich bekam deutlich zu hören " wie lange willst du das deinem Pferd noch antun" und ich fragte wieder und wieder die Tierärzte ob sie mir auch wirklich bitte sagen wenn sie glauben dass die Zeit für den letzten Schritt gekommen ist. Ich merkte das nicht mehr. Ich schaute mir unendlich viele Offenställe und Rentnerställe an und bekam keinen Platz für sie, so dass wir weitermachen MUSSTEN. 2 Jahre stand sie, ging wenig Schritt den Hof hoch und runter, nach den zwei Jahren wagte ich mich auf ein abgestecktes Stück Koppel in Boxengröße, einen ganz lieben Dank hiermit an meine wahnsinnig tollen Stallbesitzer, die immer für uns da sind und meiner Maus das alles möglich gemacht haben und noch machen. Nach 2,5 Jahren entschloss ich mich dazu mich im Schritt einmal drauf zu setzen. Zunächst wenige Minuten, dann langsam länger. 6 Monate ritt ich Schritt in der Halle, morgens, wenn alle noch schliefen...ich wollte nicht, dass jemand mitbekommt was ich nun mache. Es wußte niemand bestimmt ein 3/4 jahr ausser die Stallbesitzer und das Personal. Dann fingen wir an zu joggen, ich lief immer eine lange Seite neben ihr her, die trabte. Irgendwann, es war bestimmt mehr als 1 jahr vergangen, trabte ich das erste mal unter dem Sattel und- Gott sei dank war niemand da- heulte vor Freude dass mein Pferd lebt. Langsam wurde das geläster weniger, ich ritt nämlich plötzlich ganz selbstverständlich einmal die Strasse hoch und runter morgens, nachdem ich aus der Halle kam und der ein oder andere sah das vollkommen erstaunt.
Yvi, warum ich Dir das hier erzähle und warum der Text so lang ist...weil ich dann an den Punkt kam, an dem Du dich gerade fühlst...
Zweimal täglich holte ich sie aus der Box, saß stundenlang neben ihr auf der Minikoppel, denn sie tobte sonst furchtbar ( das macht sie aber schon immer) und ich hatte solche Angst um sie. Ich stand und stehe morgens um kurz nach 4 auf, damit ich reiten kann bevor jemand kommt, denn mit anderen Pferden in der Halle ist für sie nach wie vor ein Problem, da tickt sie aus vor Angst. Abends bin ich wieder bei ihr und führe sie, longiere sie nochmal etwas ( das mache ich erst seit einigen Wochen wieder) oder sie geht aufs Laufband. Seit letztem Jahr lasse ich sie durch den Koppelservice morgens auf ihr Minikoppelchen stellen mit Gesellschaftspony ( hier lieben Dank an die Besitzerin des tollen Ponys, die mich damit so unendlich glücklich macht und an die tollen Stalljungs, die so auf meine Maus aufpassen damit sie nicht tobt).
Mehr als 4 Jahre gehe ich nun täglich mit Angst zum Stall und "begrüße" als erstes ihr Bein...Kaum einer kann glauben dass sie noch lebt und WIE sie nun lebt, sie läuft ganz toll und ich habe immer wieder Spass mit ihr. Dazu kommt noch dass sie Kolikerin ist und ich eine Spänebox zu misten habe, Heunetze stopfen muss, Mash zubereiten usw..., ABER:
Es gab viele Zeiten, lange Zeiten, da war sie die größte Belastung für mich die ich mir vorstellen konnte. Sie bockte mich letztes Jahr das erste mal in den Sand so dass ich mit Beckenbruch ausfiel und wer sollte das alles nun bewerkstelligen? Und was machte ich? ich freue mich über ihre Lebensfreude und diese verdammte Bockattacke, denn sie LEBT! Ich kam sehr oft an meine Grenzen und habe immer wieder nicht mehr gewußt wie das nun weitergehen soll. Urlaub? Gab es nicht. Konnte ich nicht. Und irgendwann, da schaute ich sie an und war mir ganz klar, dass ich das und nichts anderes will, dieses Pferd gab mir meine Kraft zurück. Jetzt bin ich einfach nur noch glücklich mit ihr, freue mich immer wieder an ihren Fortschritten, die sie beim reiten macht ( sie arbeitet nicht immer so gern mehr mit;)) und habe mich vor einiger Zeit sogar dazu entschlossen dass es einen Neuzugang geben wird. Nun bin ich auf der Suche nach einem Nachwuchspferd.
ich weiß nicht, ob es bei Dir nicht auch den Punkt noch geben kann, an dem Du dich einfach wieder wohl auf Rosie fühlst, aber ich wünsche es Dir sehr, denn ihr habt ja eigentlich eine sehr enge Verbindung zueinander. Ich finde die Lösung mit dem zur Verfügung stellen garnicht so schlecht, vielleicht gefällt es Deiner RB ja auch und ihr holt noch jemanden "mit ins Boot" und du hast sie nicht ganz weg.
Ich hoffe Du findest eine für Dich gute Entscheidung und lässt die schönen Momente mit Ihr wieder neu aufleben...
Wäre lieb wenn ihr nicht zitiert, ggf. mag ich den Text nicht immer hier stehenlassen. Ganz lieben Dank.
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